Im Werk 2 nahmen wir im Warteraum der Fahrzeugabholung einen Kaffee
zu uns und besuchten anschließend das Museum, da wir noch ein wenig
Zeit hatten. Von der Fahrzeugen im Museum war ich nicht sonderlich begeistert
(vor allem das bekannte Schnittmodell des 996 fehlte mir), auch wenn sich
echte Porsche Fans nach den vielen alten Porsche Fahrzeugen sicherlich
die Finger geleckt hätten. Mich persönlich beeindruckte eher
der Souvenirladen im Museum, der Porsche Allerlei (Pins, Kleidung, Modelle,
Aufkleber und andere nette Sachen) das ansonsten nicht über Selection
im PZ erhältlich ist, verkaufte.
Werksführung
Wenig später traf sich im Warteraum der Fahrzeugabholung eine kleine
Gruppe für die Werksführung und ein junger Mann stellte sich
als unser Tourguide vor. Wir brachen in Richtung Werkshallen auf, wobei
wir während des Weges dorthin viel Historisches zum Thema Porsche
erfuhren. Die Besichtigung der Fahrzeugproduktion fing im Obergeschoß
an, wo die lackierten und montierten Karosserien über ein computergesteuertes
System wie von Geisterhand in Richtung Fertigung bewegt wurden, etwas was
man unbedingt einmal im Leben gesehen haben sollte, denn es ist sehr beeindruckend.
Dabei erfuhren wir, daß die Karosseriebleche bei BMW gefertigt und
dann bei Porsche im Just-In-Time Verfahren angeliefert werden. Es ist nur
schade, daß wir weder die Lackiererei noch das Verschweißen
der Bleche ansehen konnten, wobei ich allerdings nicht weiß, ob das
überhaupt möglich bzw. vorgesehen ist.
 Im
Museum - Der Porsche 911 GT 1
Nach der sehr interessanten Begegnung mit den Karosserieliften, liefen
wir am Montageband entlang und bewunderten mit welcher Ruhe und Gelassenheit
die Fahrzeuge ohne jede Hektik seitens der Monteure Schritt für Schritt
mit Teilen ausgestattet wurden. Da ich mir die Montage viel hektischer
und schneller vorgestellt hatte, war er eine angenehme Überraschung,
daß der Aufbau der Fahrzeuge fast in Zeitlupe erfolgt, was natürlich
der Produktqualität dienlich sein dürfte. Auffallend war dabei,
daß kaum ältere Arbeiter an der Produktion beteiligt waren und
ich sah auch nur eine einzige Frau (in der Sattlerei gab es dagegen mehrere
Frauen). Die Produktion schien rein äußerlich sehr sauber und
in geordneten Maßen zu verlaufen, was bei einer kleinen Firma wie
Porsche wohl nicht so selbstverständlich sein dürfte. Kompliment.
Erstaunlich auch, wieviel bei Porsche noch per Hand montiert wird und
wie die entsprechenden Teile (z.B. kompletter Instrumententräger)
nach Produktionsnummer geordnet auf Paletten wartend, auf den Einbau vorbereitet
sind. Sogar die Windschutzscheibe, die von einem Roboter beklebt wird,
wird daraufhin von den Monteuren vorsichtig in die Karosserie eingesetzt.
Zwischen den vielen 996 und wenigen Boxstern, erblickten wir hin und
wieder einen GT3. Laut Aussage unseres Tourguides dauert die Herstellung
eines Boxsters insgesamt 55 Stunden, die eines 996 gute 60 und die des
996 Cabrios bzw. des C4 etwa 65 Stunden.
Einem Geheimnis auf der Spur?
In der Halle der Motorenfertigung erhaschte mein Blick inmitten anderer
Bugteile scheinbar das Frontteil eines 996 Turbo, das haargenau so aussah
wie auf dem Bild in Auto, Motor und Sport. Die großen Lufteinlässe
die mit einem Gitter versehen sind, waren nicht zu übersehen. Kurz
darauf erblickte ich eine Kiste, auf der „2.7 l Motor OBD II Steuergeräte“
stand. Da Porsche bis dato keinen 2.7 l Motor in der aktuellen Produktion
hatte, ging ich davon aus, daß damit der ominöse neue und angeblich
sehr drehmomentstarke Motor des überarbeiteten Standard Boxster gemeint
war. Dieser Motor soll gerüchteweise etwa knappe 220 PS leisten und
gleichzeitig mit dem neuen „S“ Motor mit ca. 252 PS präsentiert werden.
Ob der Boxster auch optisch überarbeitet wird (wie immer heftiger
gerüchteweise behauptet wird), konnte ich leider nicht in Erfahrung
bringen. Es war aber von der früheren Boxster S „Schwemme“ im Umfeld
der Porsche Werke nichts mehr zu sehen. Keinen einzigen Boxster S konnte
ich visuell erhaschen und auch ein kleiner Spaziergang übers Gelände
brachte keine neuen Erkenntnisse, woraus ich schließen würde,
daß der Boxster S auch optisch überarbeitet wurde und dieser
Umstand nicht zu früh öffentlich bekannt werden soll. Mehr zu
diesem Thema dürfte es in Bälde offiziell von der PAG geben,
denn es dauert nicht mehr lange, bis die Eckdaten für die neuen Modelljahr
2000 Fahrzeuge bekannt gegeben werden. Die Händler dürften diese
Infos in nächster Zeit erhalten.
Die Motorenproduktion von Boxster und 996 ist wirklich, sehr interessant,
da alle Triebwerke von Hand montiert und Stück für Stück
scheinbar von einer einzigen Person am Band zusammengesetzt werden. Dabei
gelang es mir einen Blick auf die getrennte GT3 Motorenproduktion zu werfen,
wo ich dann wohl das Glück hatte, einen Blick auf den Motor des neuen
996 Turbo zu erhaschen, denn die zwei Turbolader waren genau zu sehen und
offensichtlich waren diesmal gleich mehrere Mitarbeiter an der Montage
beteiligt. Inmitten der unzähligen 996 Motoren, die an der Decke aufgehängt
am Band „entlang krochen“, konnte ich nur einen einzigen Powerkit Motor
erkennen. Scheinbar ist der Preis von knapp 18000 DM für viele Porsche
Kunden doch ein wenig „happig“ und die versprochene Leistungsausbeute zu
gering.
Danach ging es hinunter in die Sattlerei, wo wir die sogenannte „Hochzeit“
erleben sollten. Dies ist der Augenblick wo Fahrwerk und Motor mit dem
Fahrzeug verbunden werden. Leider konnten wir nichts sehen. Der Grund war,
laut Aussage des jungen Mannes, daß ein neuer Prototyp in der Produktion
getestet wird und man dabei natürlich keine Zeugen wünscht. Es
wäre möglicherweise ein sogenannter Probelauf für die kommende
Produktion und es würde sich entweder um den Boxster S, den neuen
996 Turbo oder den 996 Targa (!) handeln.

Schade fand ich es trotzdem und ich gehe mal davon aus, daß mir die
PAG dieses Highlight der Produktion „schuldig“ geblieben ist. Diese „Schuld“
werde ich bei meinem nächsten Werksbesuch ganz sicher einfordern.
Sehr interessant war auch die Aussage des Tourguides, daß auf dem
Band verschiedene Fahrzeuge eingeschleust und gebaut werden können.
Ein 996 C4 mit GT3 Motor? Kein Problem. Ein Boxster mit 996 Maschine? Kein
Problem. Ein 996 mit Prototyp des 996 Turbo Motors? Kein Problem. Alles
soll möglich sein, die Produktion sei sehr flexibel.
In diesem Augenblick fing ich an, Herrn Dr. Wiedeking um seinen Job
zu beneiden und ich fragte mich, was er wohl für ein Fahrzeug fahren
würde. Beim darauffolgenden Besuch in der Sattlerei, mehrten sich
die Hinweise auf den 996 Typ Y, sprich 996 Turbo bzw. 996 Widebody oder
auch 4 S. Überall hingen Merkblätter mit Ausstattungsdetails
zu diesem Fahrzeug herum, wie z.B. Alcantara Dachhimmel, beleuchtete Türgriffe,
Plastikteile im schwarzen Softlack, Kontrastnaht am Seitenairbag und eine
komplette Lederausstattung. Scheinbar hat man sich bereits auf die Produktion
des Turbo eingestellt, was wohl dafür spricht, daß das Fahrzeug
pünktlich zur IAA 99 vorgestellt wird, zumindest als Stylingstudie
wie in manchen Automagazinen behauptet.
Übrigens wurde uns in der Sattlerei erzählt, daß der
Kunde auch sein eigenes Leder zur Verarbeitung mitbringen kann, wie z.B.
ein US Viehzüchter, der sein eigenes Leder mit eigenem Brandzeichen
für sein Fahrzeug verarbeiten ließ, wobei bei solchen Individualwünschen
die Bestellzeit für das Fahrzeug auf bis zu einem Jahr ansteigen kann.
In der Sattlerei läuft übrigens fast alles per reine Handarbeit
ab und es wirkte alles sehr professionell und sauber.
Nach dem interessanten Werksbesuch, trotz großer Enttäuschung
die „Hochzeit“ verpaßt zu haben, machten wir uns an das Mittagessen,
das wirklich erstaunlich köstlich war. Nach dem wohlschmeckenden Essen
war es dann soweit: ich sollte zum ersten Mal meinem C4 begegnen und ich
überließ es meinem Verkaufsberater die Einführung zu dem
Fahrzeug vorzunehmen, da ich ja kein 996 Neuling mehr war.
Autor: Christian Grünberg |
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